Thomas Judisch
(Geboren 1981 in Waren/Müritz, lebt und arbeitet in Schleswig-Holstein und Dresden) studierte von 2009 bis 2011 Freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Er ist Meisterschüler von Eberhard Bosslet.
Judischs Arbeiten wurden so ausgewählt und räumlich platziert, dass sie einen direkten Bezug zu Wandgemälden und Plastiken des Schlosses und seiner Umgebung herstellen. Sie suchen einen ungezwungenen Umgang mit der Architektur und der Geschichte des Hauses. Sie kommentieren und erweitern die historischen Bildprogramme des Raumschmucks und initiieren mit ihrem schelmischen Unterton ein Überdenken des Gegenwärtigen.
Eine mit einem abgelegten Gewand bedeckte große Vase, an der sich eine sündige Schlange emporwindet, schlägt den Bogen zu den vorhandenen sowie verschwundenen Skulpturen im Schlossgarten. Eigentlich ist das Objekt Beiwerk, lediglich eine Stütze für eine antike Marmorstatue, die sogenannte Venus vom Esquilin, eine unbekleidete weibliche Gestalt, die 1874 in Rom bei der Piazza Dante auf dem Hügel Esquilin gefunden wurde. In Thomas Judischs plastischer Persiflage glänzt die nackte Dame durch Abwesenheit. Sicherlich ganz im Sinne der Gleichstellungsbeauftragten des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) in Berlin, die erst kürzlich eine bronzene „Venus Medici“ wegen aufdringlicher Nacktheit entfernen ließ und sie dem Leipziger Grassi Museum für Angewandte Kunst übergab. Das empfing sie mit offenen Armen und integrierte sie flugs in seine Dauerausstellung.
Eine bewusst zufällig in eine Schmuddelecke des Gebäudes implantierte endlose Säule aus Kaffeebechern - konzipiert in kratzfüßiger Verneigung vor der „Säule der Unendlichkeit“ des rumänischen Künstlers Constantin Brâncuși - könnte von Banausen zusammengesteckt worden sein, als Kunstwerk in Gips haben wir es mit einer delikaten Verspaßung der Kategorie der Reputation zu tun.
Weitere taktische Irritationseffekt von Thomas Judisch finden sich auf einigen Fensterbänken.
Dort lagern z.B. Kartoffelnetze, gefüllt mit Flusssteinen, wie zufällig abgelegt oder von den ehemaligen Schlossbediensteten vergessen, die stets um das Wohl ihrer Herrschaften bemüht waren.
Mit einem achtlos oder in Wut weggeworfenen Rosenstrauss erhöht Judisch noch einmal den Grad der Dramatik und nimmt die Traumata der Kulturgeschichte des Schlosses in ihren Spuren des künstlerischen und lyrischen Protests auf die Schippe.